Feldpostbrief Nr. 15 vom 11. November 1944

15)                                                 Osten, den 11.11.44

Meine liebe Ellermaus, liebe Kinder!

Endlich will ich wieder ein Lebens- zeichen von mir geben, aber wie Du ja schon aus meinem letzten Brief ent- nommen hast, waren wir auf der Fahrt. Angekommen sind wir nun schon seit ein paar Tagen, Gelegenheit zum Schreiben hatte ich aber erst einmal bei den Panzern wo ich den vorigen Brief sandte, wo wir waren war es schlecht mit Wasser bestellt, auf der Fahrt und beim Marschieren war auch keine Gelegenheit. Dann mußte ich gleich nachdem wir einen Tag dort waren noch mit 2 Uffz. (=Unteroffizieren, Anm. des Erfassers) als Vorkommando zu den neuen Stellungen zwecks Einweisung. Es war eine Fahrt auf LKW, ich kann Euch sagen, mal waren wir in der linken, bald in der rechten Ecke, so eine Schaukelei, dann ca. 10 km zu Fuß bis zum Ziel, daß alles in der Nacht. Bin jetzt in Polen, zwischen Warschau u. Krakau, jedenfalls ist mir wohler das ich aus der Slowakei heraus bin, man ist doch wenigstens näher der Heimat, dort war es zu weit. Jetzt sitze ich in einem Bunker u. schreibe Euch, hier sitzt man wenigstens warm, überall sind Öfen, sitze also dicht da- neben, es ist jetzt 5oo Uhr, wollten eigentlich mit dem Komp.Führ. (=Kompanieführer, Anm. des Erfassers) um 4 Uhr durch die Stellungen gehen, aber es ist zu dunkel, und ich kann ja Nachts nicht sehen, da sind eben nur die beiden an- deren mitgegangen.

Hier ist es augenblick- lich auch ruhig, hoffen wir, daß es so bleibt. Ich dachte erst wir kämen nach Ostpreußen, was mir noch lieber wär, denn Heimat ist Heimat. Habe mir jetzt ein bißchen Brot geröstet, daß schmeckt gut, na wollen mal sehen wie hier alles bleibt. Jedenfalls kann man sich hier schön aufwärmen und sich mal richtig ausschlafen, trotzdem ich jetzt 7 Stunden geschlafen habe, bin ich noch müde, aber das kommt eben alles nach, vorher hatte man ja auch wenig Gelegenheit, mir ist es auch eben passiert, daß ich im Stehen eingeschlafen war und die Knie mit einem Male nachließen, nun das wird ja ich glaube hier nicht mehr vorkommen, war sogar beim Schreiben als ich ein wenig über- legte, eingenickt, aber das macht auch die Wärme. Sitze beim Kerzenlicht u.schreibe, da mußt Du schon entschuldigen wenn man evtl. nicht alles lesen kann, aber Du weißt ja es ist kein helles Licht dann flackert es auch. Unsere Komp. (=Kompanie, Anm. des Erfassers) ist ja noch nicht hier, da können wir uns also noch etwas ausruhen, denn nachher wird es ja doch wieder anders werden.

Nun meine Lieben, mal etwas anderes, wollte ja eigentlich noch die Reise von dort schildern, aber darüber können wir später mündlich reden, jedenfalls kann ich Dir sagen, das es eine furchtbare Anstrengung für mich war, ich bin einfach nicht mehr weitergekommen, und mußte dadurch ja auch zurückbleiben, aber nun habe ich nach 3 Tagen meine Einheit wiedergefunden und ich bin froh, als Vorkommando gegangen zu sein, denn wenn die Komp. den ganzen Weg zu Fuß macht, was ich denke, wir hatten wenigstens noch eine Strecke LKW Fahrt, außerdem habe ich nun noch einen kleinen Durchfall, aber sonst geht es mir den Verhält- nissen entsprechend gut, hoffentlich bleibt alles so. Das Wetter ist nicht kalt, eher naßkalt, seit gestern früh nun auch noch Schnee, aber er bleibt nicht liegen.

Lieber wär uns ja allen, wenn trockener Frost wär.

Also meine Lieben, wir jetzt wieder einen kleinen Fußmarsch von 6 km. vor uns, schreibe nachher weiter.

So meine Kind, nun sind wir wieder zurück, es war wieder einmal eine falsche Information, haben die 15 km umsonst gemacht, aber es ist ja nicht das erste Mal, daß hier etwas umsonst gemacht wird. Sitze nun im Wald auf der Bank u. schreibe den Brief schnell zu Ende, damit der Verpflegungswagen ihn mitnehmen kann. Leider muß ich ja noch noch warten auf Post von Euch, denn ich habe ja noch nichts bekommen. aber wenn man dauernd wandert, dann kann das eben passieren. So mein liebes Kind, werde nun schließen, ich hoffe, daß Ihr diesen Brief bei bester Gesundheit und guter Stimmung bekommt, bleibe ich mit den herzlichsten Grüßen u. 1000 innigen Küssen,

                            Euer Papa,

                                     Dein Berth,

Grüße alle Bekannte u. Verwandte

Trackback URL for this post:

https://grossvaterbriefe.de/trackback/80

Kommentar hinzufügen

By submitting this form, you accept the Mollom privacy policy.