14. Oktober 1944

4) Osten, den 14.10.44

Meine liebe Ellemaus, liebe Kinder!

Nun sind wir an Ort u. Stelle angekommen und ich will Dir gleich ein paar Zeilen schreiben, damit Du endlich wieder Nachricht von mir bekommst, worauf Du ja schon lange gewartet hast. Aber eher schreiben war mir nicht möglich, da ich ja die Post doch nicht los geworden wäre. Sind nun gestern früh nach genau 7 tägiger Fahrt hier ge-landet in der Slowakei, hatten dann noch 80 km mit LKW. zurückzulegen wobei wir noch Pause hatten und erst beim Dunkelwerden landeten. Dort wurden wir dann gleich aufgeteilt und sind dann noch 5 km zu Fuß gelaufen man hat uns [1?] nach [1?] wo wir dann auf Stroh, jedenfalls besser als im Waggon, geschlafen haben. Wir sind dann um 6 Uhr aufgestanden, gewaschen und rasiert, gefrühstückt und warten der Dinge die da kommen sollen, bis jetzt hat man sich um uns noch nicht  gekümmert, es ist jetzt 10:00 Uhr. Mein liebes Kind, wir liegen hier im Dorf, wenn Du das sehen würdest wie einfach u. primitiv die Leute hier hausen,

dann würdest Du einen Schreck bekommen, aber man gewöhnt sich daran, die Bahnfahrt hat uns das schon gelehrt, in dem einen Raum, der Küche u. Wohnzimmer auch gleichzeitig Schlafzimmer darstellt, wohnen noch die Leute hier und wir dazu (8 Lanzer[?]) also wie in Rußland kann man auch hier auf dem Ofen schlafen, na Du kannst Dir ja vorstellen, wie sehr ich mein schönes Bett zu Hause vermisse, aber hoffentlich ist bald alles aus u. wir dürfen dann alle wieder gemütlich beisammen sein.

Wir sind augenblicklich 10 km von der Front entfernt, zu der wir wohl heute oder morgen hinkommen werden, sie ist aber z. Zt. ruhig, ab u. zu hört man einen Schuß, dann Flak, denn der Iwan kurbelt ja dauernd über uns, er wirft fast kaum Bomben großen Kalibers nur ganz kleine u. schießt dann mit Bordwaffen. Gestern mußten wir einige Male unsere Fahrzeuge verlassen wegen der Flieger, aber direkt haben sie uns noch nichts getan. Nur ist hier ein furchtbarer Schlamm, keine richtigen Straßen, außer die Verkehrsstraße, da sind wir nun gestern umhergestapft man sah aus wie ein Schwein, aber das fällt ja alles wieder ab. Die Fahrt nach hier mit dem L.K.W. war überhaupt ein Lustspiel, fast zum Schluß war die Brücke gesperrt da mußten wir mit dem LKW glatt durch den Bach fahren, ich kann Dir ja versichern da wurden wir vielleicht durcheinander geschaukelt, dann noch mit der Panne, alle Augenblicke hatten [3?] Benzin auffüllen um ein Stückchen weiterzufahren, aber wir kommen ja immer noch hin, wir wollen uns nicht danach reißen. So mein Liebling, daß so mal etwas von meinen ersten Eindrücken geschrieben, später mehr, man weiß ja nicht wie lange wir hier bleiben werden, aber sowie ich meine F.Nr. habe werde ich Dir laufend schreiben. Sonst geht es mir gut u. hoffe von Dir u. den Kindern dasselbe. Was machen die Kinder? Sind sie recht artig und denken sie oft an ihren Papa?

Eben habe ich mir aus dem Ziehbrunnen eine Feldflasche Wasser geschöpft, daß macht man mit einem Stock da hängt man die Flasche ran und läßt das ganze hinunter, es ist so ein offener Brunnen. Heiß ist es hier, wie im Hochsommer, trotzdem trocknet der Schlamm nicht weg, wenn man mal hinausgeht, dann sind die Stiefel dreckig, na draußen im Graben wird es ja auch nicht anders sein. Also mein Kind, warten wir ab nicht wahr?

Toiletten gibt es hier auch nicht, da geht man einfach ins Frei, nett was?

So, nun werde ich aufhören, mir erst die F.Nr. beschaffen, dann schreibe ich noch ein paar Zeilen, dann geht der Brief ab. Was ich noch schreiben wollte, besorge mir doch Zigarettenpapier und Feuersteine, daß kannst Du mir dann später schicken. Rauchwaren gibt es hier wohl 6 Stck pro Tag, dazu kommt wohl noch [1?], also man kann auskommen.

Weißt Du, gespannt bin ich ja auf unseren ersten Einsatz, wie ich mich da anstellen werde, aber Angst habe ich nicht und das ist bestimmt ein großer Vorteil nicht wahr? Ich hatte ja auch gedacht, daß unser Verein nicht hier hinkommt aber man sieht ja, wie man sich irren kann, jedenfalls ist es hier eine schöne Gegend, alles Berge.

So mein Kind, nun will ich sehen, daß ich den Brief loswerde, sind inzwischen [1?] was wird weiß ich auch noch nicht, aber etwas werde ich Dir ja bald schreiben könne, wahrscheinlich kommen wir heute in die Stellung. Andermal mehr, bis dahin die herzlichsten Grüße und tausend innige Küsse.

                         Euer Papa!

                                 Dein Bert

Heute ist der 15/10., 16/10.

Die Feldp.Nr. ist nur vorläufig schreiben kannst Du ja, vielleicht kommt der Brief an.

Die Marken kannst Du Tante E geben!

Trackback URL for this post:

https://grossvaterbriefe.de/trackback/64

Kommentar hinzufügen

By submitting this form, you accept the Mollom privacy policy.