21. Oktober 1944

7) Osten, den 21.10.44

Meine liebe Ellemaus, liebe Kinder!

Endlich komme ich wieder dazu Dir einen Brief zu schreiben, Du wirst lachen, ich sitze hier im Schützenloch, daß ich mir heute Nacht gebaut habe und schreibe. Gestern war es nicht möglich zu schreiben, da ich erstens nur ein Loch zum Liegen hatte, dann mußte ich dauernd Wasser heraus schöpfen, sonst wär ich fortgeschwommen, außerdem konnte ich mich da garnicht bewegen, es gab den ganzen Tag Trommelfeuer,

ich sah aus wie ein Schwein, daß sich im Lehm gewälzt hatte, daß heißt, ich sehe heute noch nicht anders aus, es muß ja erst alles trocknen, aber bis dahin kommt ja wieder neuer Dreck hinzu. Du siehst, sogar das Schreibpapier ist voll Lehm. Du mußt bedenken, oftmals mußte ich den Kopf herunternehmen und alles voll Wasser, ich bin vollkommen naß, die ganzen Sachen bis auf die Haut, die Strümpfe habe ich ausgewrungen, dann wieder angezogen, dann die ganze Nacht draußen, es war die dritte Nacht wo ich so durchgenäßt war und draußen bleiben mußte, denn hier gibt es kein Dach über dem Kopf nur ein Lehmloch. Ich habe gestern nacht fürchterlich gefroren, habe mich dann warm gearbeitet und mir ein neues Loch gebaut, denn ich hatte keine Lust nochmal in der Badewanne zu liegen. Aber die Füße stehen schon wieder im Wasser, es sind Berge, dann hatte es viel geregnet, da drückt dann das Wasser überall wo man buddelt heraus, aber hier kann ich wenigstens sitzen, ist zwar eng, muß es noch ein wenig ausbauen auch mal tiefer, denn wir bekommen ganz schön Feuerwerk. Das ich in der Slowakei weißt Du ja, da in der Nähe vom Duklapaß, heute ist es etwas ruhiger, wahrscheinlich will der Russe nun etwas anderes, denn gestern war es doll, 4 Panzer wurden von ihm abgeschossen, da hat er dann aufgegeben. Wie es aussieht, versucht er im Nachbarabschnitt sein Heil, denn dort wird ganz schön hingepflastert. Nun mein Kind, ich bin nun nicht kirekt in der H.K.L., aber doch wieder indirekt., hier ist der Russe nämlich bis zum Dorf Dorf durchgebrochen, bei einem Gegenstoß mußte er wieder etwas zurück nun hat jeder ein Stück vom Dorf. Wir haben nun die Aufgabe den Einbruch zu stoppen bezw. zu bereinigen, wollen mal sehen wo er kommt und weiter will. Ja mein Kind, gestern war ganz schön was los, der Russe hatte gerade um Loch 6 Granatwerfer losgelassen, da hatt es ganz schön gewackelt, wir hatten aber nur einen Verwundeten! Heute ist es nun längst nicht so wie gestern, trotzdem bumst es ganz nett, die Granaten segeln durch die Luft, meistens weißt man ja wo sie hingehen, nur wenn zu viel durcheinander kommen, dann kann man es duch die Detonationen nicht mehr feststellen. Habe hier draußen eine Gruppe, nun drückt mal die Daumen, daß ich bald wieder zu Hause bin und der Krieg ein Ende hat. Gestern Nacht als wir zur Komp. gingen, mußten wir durch einen Bach waten, durch den Regen war der sonst kleine Bach sehr breit u. tief, die Brücke war fortgespült, da ging es eben bis an die Hüften hindurch, man mußte aufpassen, daß man durch die Steine nicht fehltrat, son hätte man ein Stückchen hier schwimmen können. Jetzt ist ein Artillerieduell um das Dorf u. ein Haus brennt schon, eben mußte ich den Kopf einziehen, das pfiff u. krachte eben über meinem Loch, werde mir mal lieber den Stahlhelm aufsetzen, das hat gestern auch etwas abgehalten, denn die sind ja heute unberechenbar!

So, das wär gemacht, mein Gott, meine [1?] sieht aus, wenn Du mich jetzt sehen würdest, es täte Dir auch leid um die schönen neuen Sachen, aber die Einweihung bekamen wir ja schon in Spandau, da [5?]. So meine Lieben, daß wär so etwas von hier, nun mal zu Euch, wie geht es Euch, habt Ihr schon alle Briefe bekommen, den letzten schrieb ich vorgestern, als wir da ein Tag warten mußten, bin direkt gespannt, wann ich den ersten Brief von Dir bekommen, er muß ja nun nachgeschickt werden, weil die Feldp.Nr. nun ja eine andere ist, werde direkt unruhig vor Ungeduld, am liebsten wär ich am 6.10. nach Döbritz zurückgekommen, nur zu sehen was dort los war, aber es fuhr ja kein Zug. Nun ich hoffe, daß Ihr die Post bald bekommt, aber die Verbindung ist ja schlecht, die Wege zwischen den Dörfern sind vollkommen in Morastwege verwandelt, da bleibt man manchmal bis über die Stulpen stecken. Ja ja mein Kind, da gibt es in Bln. doch Straßen, aber hier kennt man soetwas wohl nicht, da sind die [3?] und damit ist es aus. So ich mache jetzt auch aus!

Meine Lieben, recht herzliche Grüße und tausend innige Küsse, auf ein gesundes Wiedersehen

                          Euer Papa, Dein Bert.

 

Uffz. Herbert Thau Feldp.Nr. 16686

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